Keine Pflicht für Rettungsgassen auf Bundesstraßen

Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hat in einem aktuellen Beschluss (vom 26.09.2023, Az.201 ObOWi 971/23) klargestellt, dass auf Bundesstraßen innerhalb geschlossener Ortschaften keine Verpflichtung zur Bildung einer Rettungsgasse besteht. Diese Entscheidung folgt einem Fall, bei dem das Amtsgericht (AG) Augsburg einen Autofahrer zu einer Geldbuße und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt hatte, weil er keine Rettungsgasse auf einer innerorts gelegenen, autobahnähnlichen Bundesstraße gebildet hatte.

Das AG Augsburg sah in dem Verhalten des Autofahrers eine Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 11 Abs. 2, 49 Abs. 1 Nr. 11 Straßenverkehrsordnung (StVO), da er ein Polizeifahrzeug mehrere Minuten aufhielt. Der betroffene Autofahrer legte jedoch Rechtsbeschwerde ein mit dem Argument, innerorts bestehe überhaupt keine Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse. Zudem habe er versucht, so gut es ging Platz zu machen.

Das BayObLG überprüfte daraufhin die Entscheidung des AG Augsburg und hob sie teilweise auf. Es argumentierte, dass § 11 Abs. 2 StVO eine Rettungsgasse nur auf Autobahnen oder Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen vorsieht, wenn Schrittgeschwindigkeit gefahren wird oder ein Stillstand droht. Die Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse gelte demnach nicht für innerstädtischen Verkehr auf Bundesstraßen, auch wenn diese autobahnähnlich ausgebaut sind.

Das Gericht führte weiter aus, dass der Sinn und Zweck der Vorschrift vorrangig darin besteht, Rettungs- und Sicherungskräften auf Autobahnen und Außerortsstraßen einen schnellen und sicheren Zugang zu ermöglichen. In geschlossenen Ortschaften und auf einspurigen Straßen hingegen sei es üblich, dass Fahrzeuge an den rechten Fahrbahnrand fahren, um Rettungsfahrzeugen Platz zu machen. Daraus folgerte das Gericht, dass eine Rettungsgasse innerorts nicht zwingend gebildet werden muss.

Das BayObLG stellte jedoch auch fest, dass der Autofahrer ein Polizeifahrzeug aufgehalten hatte, was eine andere Ordnungswidrigkeit darstellen könnte. Deshalb wurde der Fall zur erneuten Prüfung an das AG Augsburg zurückverwiesen, um zu klären, ob eine andere Ordnungswidrigkeit vorliegt.

Dieser Fall zeigt, dass es immer wieder sinnvoll sein kann, Bußgeldbescheide bzw. Ordnungswidrigkeitsverfahren von einem Fachanwalt für Verkehrsrecht prüfen zu lassen.

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