Die Alte Glockengießerei in Hennickendorf ist ein bedeutendes Stück regionaler Geschichte im Bundesland Brandenburg. Sie gilt als eines der wenigen noch erhaltenen Zeugnisse traditioneller Glockengießkunst in Deutschland. Die historische Stätte erzählt nicht nur von handwerklichem Geschick und technischem Fortschritt, sondern auch von der zentralen Rolle, die Glocken seit Jahrhunderten in der Gesellschaft gespielt haben. Glocken symbolisieren nicht nur den Klang des Glaubens, sondern auch die Struktur des täglichen Lebens in vielen Dörfern und Städten.
1. Die Gründung und frühe Geschichte
Die Alte Glockengießerei wurde im 18. Jahrhundert in Hennickendorf gegründet, einem kleinen Ortsteil der Gemeinde Rüdersdorf bei Berlin. Das Dorf, das bereits im Mittelalter existierte, war bekannt für seine Handwerkskünste und Bergbautraditionen, insbesondere für den Abbau und die Verarbeitung von Kalkstein, der auch für den Bau von Kirchen und Gebäuden in Berlin verwendet wurde. In dieser lebhaften handwerklichen Umgebung fand die Kunst des Glockengießens fruchtbaren Boden.
Die Glockengießerei wurde von dem Meister Christian Heintze gegründet, der als einer der führenden Glockengießer der Region galt. Die Familie Heintze war über Generationen hinweg in der Herstellung von Glocken aktiv und trug maßgeblich zur Verbreitung dieses traditionsreichen Handwerks bei. Sie produzierten Glocken für zahlreiche Kirchen in der Mark Brandenburg sowie in den angrenzenden Gebieten. Jede Glocke war ein Unikat, handgefertigt und speziell auf die Bedürfnisse der jeweiligen Kirchengemeinde zugeschnitten.
2. Die Kunst des Glockengießens
Das Glockengießen ist ein hochkomplexes und spezialisiertes Handwerk, das sich über Jahrhunderte hinweg entwickelt hat. Es erfordert nicht nur technisches Geschick, sondern auch ein tiefes Verständnis von Akustik, Metallurgie und Formgebung. Der Prozess beginnt mit der Erstellung eines Modells, oft aus Lehm und Wachs, das die Form der Glocke vorgibt. Daraufhin wird eine Gussform aus Ton oder Lehm gefertigt, in die das geschmolzene Metall – meist Bronze – gegossen wird. Nach dem Abkühlen wird die Glocke aus der Form befreit, poliert und abgestimmt, um den gewünschten Klang zu erzeugen.
Der Klang einer Glocke wird maßgeblich von ihrer Größe, Form und der Zusammensetzung der verwendeten Metalle bestimmt. Jede Glocke ist einzigartig und spiegelt das handwerkliche Können des Glockengießers wider. Die Alte Glockengießerei in Hennickendorf war bekannt für ihre präzise abgestimmten Glocken, die in vielen Kirchen der Region verwendet wurden. Eine der besonderen Herausforderungen des Glockengießens bestand darin, Glocken zu gießen, die sowohl klanglich harmonisch als auch langlebig waren – ein Problem, das die Meister der Alten Glockengießerei mit Bravour meisterten.
3. Die Blütezeit der Glockengießerei
Im 19. Jahrhundert erreichte die Alte Glockengießerei ihre Blütezeit. Mit dem zunehmenden Wachstum der Städte und dem Bau neuer Kirchen in der Region stieg die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Glocken. Hennickendorf profitierte auch von seiner Nähe zu Berlin, das sich damals zu einer pulsierenden Metropole entwickelte. Viele Kirchengemeinden in der wachsenden Hauptstadt bestellten Glocken aus der renommierten Werkstatt.
Ein herausragendes Beispiel für die Arbeiten der Glockengießerei ist die Glocke der Dorfkirche von Hennickendorf selbst. Diese imposante Glocke wurde 1857 gegossen und ist bis heute in Gebrauch. Sie ist ein lebendiges Zeugnis der Kunstfertigkeit und der klanglichen Qualität der Produkte aus der Werkstatt. Glocken wie diese prägen bis heute den Alltag vieler Menschen in der Region, sei es, um zur Andacht zu rufen oder um den Beginn und das Ende des Tages anzukündigen.
4. Die Glockengießerei im 20. Jahrhundert
Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts erlebte die Glockengießerei in Hennickendorf wie viele andere traditionelle Handwerksbetriebe eine Krise. Die industrielle Revolution und der Aufstieg neuer Technologien veränderten das Glockengießen grundlegend. Große Fabriken begannen, Glocken in Massenproduktion herzustellen, was zu einem Rückgang der Nachfrage nach handgefertigten Glocken führte. Zudem wurden während der beiden Weltkriege viele Glocken eingeschmolzen, um das Material für die Kriegsproduktion zu nutzen. Auch Hennickendorf blieb von diesen Entwicklungen nicht verschont.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stand die Glockengießerei vor dem Aus. Der Bedarf an neuen Glocken war gering, da viele Kirchen zerstört worden waren oder keine Mittel für neue Glocken hatten. Gleichzeitig setzte ein allgemeiner Rückgang des kirchlichen Lebens in der DDR ein, der dazu führte, dass weniger Glocken benötigt wurden. Trotzdem konnte die Gießerei dank der Bemühungen der Nachfahren von Christian Heintze und ihrer Hingabe an das Handwerk einige Aufträge sichern.
5. Der Niedergang und die Schließung
In den 1950er Jahren musste die Glockengießerei schließlich ihre Tore schließen. Die wirtschaftlichen Bedingungen in der DDR und die allgemeine Industrialisierung des Glockengusses ließen keinen Raum mehr für kleine, traditionelle Handwerksbetriebe. Doch obwohl der Betrieb eingestellt wurde, blieb die alte Gießerei als Denkmal und Zeugnis einer vergangenen Handwerkskunst bestehen.
In den folgenden Jahrzehnten verfiel das Gebäude allmählich, da es keine regelmäßige Nutzung mehr gab. Dennoch war vielen Menschen in der Region die Bedeutung des Ortes bewusst, und es gab immer wieder Bemühungen, die Gießerei zu restaurieren und als musealen Ort zu bewahren.
6. Die Glockengießerei heute – Ein Ort der Erinnerung und ein neues Zuhause
Heute ist die Alte Glockengießerei in Hennickendorf ein wichtiges Kulturdenkmal und eng mit der Geschichte des Dorfes sowie der Region verknüpft. Allerdings ist das Gebäude mittlerweile weit mehr als nur ein Denkmal für vergangene Zeiten. In den letzten Jahren wurde es umfassend restauriert und in eine moderne Einrichtung für Betreutes Wohnen umgebaut. Dank der Initiative von Investoren und der Zusammenarbeit mit der Gemeinde wurde der historische Ort einer neuen, sinnvollen Nutzung zugeführt.
Das Gebäude bietet durch die Pflege im Kiez Wachner GmbH nun älteren Menschen eine sichere und komfortable Wohnmöglichkeit in einem historischen Ambiente, das den Charme der Vergangenheit mit den Annehmlichkeiten der Gegenwart vereint. Die Restaurierung bewahrte den historischen Charakter der Alten Glockengießerei, während das Innenleben modernen Ansprüchen an Barrierefreiheit und altersgerechtes Wohnen angepasst wurde.
Dieser Umbau sichert nicht nur den Erhalt des historischen Bauwerks, sondern schafft gleichzeitig eine innovative Lösung für die alternde Bevölkerung. Interessierte können auf der Website Wohnen im eigenen Kiez weitere Informationen zu den Wohnmöglichkeiten in der Alten Glockengießerei erhalten.
Fazit
Die Alte Glockengießerei in Hennickendorf verbindet heute Tradition und Moderne auf einzigartige Weise. Sie ist nicht nur ein Ort der Erinnerung an das historische Glockengießerhandwerk, sondern bietet nun auch eine zukunftsorientierte Lösung für betreutes Wohnen. Der Umbau zeigt, wie man kulturelles Erbe bewahren und gleichzeitig den Bedürfnissen der Gesellschaft gerecht werden kann. Der Klang der Glocken mag verklungen sein, doch das Leben in der Alten Glockengießerei hat eine neue, wertvolle Bedeutung gewonnen.